Cristina David (RO)
TIME TRAVEL DIARY
INSTALLATION, 2010/2012
Weil die Erde auf ihrer Umlaufbahn jeweils exakt fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden später die Sonne umrundet hat, als es unsere Zeitrechnung suggeriert, lebt der Mensch in einer ungenauen Zeit. Diese Zeit geht der kosmischen während drei Jahren faktisch voraus und wird erst im darauf folgenden Jahr mit einem zusätzlichen Tag ausgeglichen. Diese Ungenauigkeit der Zeitrechnung und die Vorstellung, drei Jahre lang praktisch in der Zukunft zu leben, war Ausgangspunkt für Cristina Davids Selbstexperiment: Während ihres sechswöchigen Aufenthalts in der spanischen Stadt Murcia anlässlich der Manifesta 8 lebte sie nach einer »personalisierten« Zeit, welche die Verschiebung der kosmischen und sozialen Zeit für den Zeitraum vom 1. Januar 2009, als die beiden Zeiten mit dem Schaltjahr 2008 übereinstimmten, bis zum Beginn ihres Experiments am 9. Oktober 2010 berücksichtigt und mit der Weltzeit (UTC) verrechnet.
In einem Tagebuch hält David ihre Erfahrungen dieser »Zeitreise« um minus zehn Stunden und 17 Minuten fest. Sie beschreibt, neben anekdotischen Geschichten und surrealen Zwischenfällen, das Widerstreben ihres Körpers gegenüber der Umstellung von Tag- auf Nachtzeit, anhaltende Konzentrationsschwierigkeiten, Angstattacken und das Gefühl von Fremdheit und Isolation. Mit diesem Experiment macht David nicht allein auf die Konstruiertheit unserer Zeitrechnung aufmerksam, sie zeigt auch, wie das »Herausfallen« aus der konventionellen Zeit ein »Herausfallen« aus dem sozialen und gesellschaftlichen Rahmen impliziert.
Das Tagebuch ist in seiner vollen Länge auf der Website von Cristina David einsehbar: www.cristinadavid.ro